Hintergrund MIG und EDI
Für den Austausch von EDI-Nachrichten werden heute vorrangig Standards auf Basis von UN/EDIFACT, ANSI X12 oder XML verwendet. Eine Message Implementation Guideline (MIG) verfeinert einen generischen EDI-Standard wie UN/EDIFACT (Electronic Data Interchange For Administration, Commerce and Transport) und grenzt diesen auf die Anwendung in bestimmten Domänen oder Unternehmen ein. UN/EDIFACT wird von den Vereinten Nationen entwickelt und ist neben dem nordamerikanischen ANSI X12-Format der meist verbreitete EDI-Standard weltweit.
UN/EDIFACT enthält verschiedene Anforderungen aus unterschiedlichen Anwendungsbereichen, was den Standard sehr umfangreich macht. Um die Arbeit mit UN/EDIFACT klarer zu gestalten, wurden unterschiedliche EDIFACT-Subsets entwickelt, die an verschiedene Industrien angepasst sind. So entstand beispielsweise EANCOM im Handel, VDA in der Automobilindustrie, EDILEKTRO in der Elektroindustrie und EDITEC im Sanitärbereich. Diese Subsets sind Verfeinerungen des UN-Standards, in der beispielsweise zulässige Codewerte sowie verpflichtende Felder festgelegt werden. Anhand dieser Sub-Formate haben viele Unternehmen wiederum ihre eigenen Ausprägungen entwickelt.
Damit nun Geschäftspartner EDI betreiben können, müssen zu Beginn einer Zusammenarbeit die Dokumentstrukturen anhand der MIGs des Partners umgesetzt werden.
Eine MIG kann einen Standard nur verschärfen, was bedeutet, dass beispielsweise keine neuen Elemente hinzukommen dürfen. Es können aber Elemente auf “verpflichtend”, oder “nicht benutzt” gesetzt werden. Wie auf folgender Grafik zu sehen, ist die Basis aller Ableitungen von EDIFACT-Standards der UN/EDIFACT-Standard. Aus diesem werden Subsets für verschiedene Industrien abgeleitet. Anhand dieser Subsets erstellen Unternehmen dann wieder ihre eigenen Varianten.
Für die Verfeinerung des Standards werden eigene Codes verwendet, die zumeist am Anfang einer MIGs im Fußteil des Dokuments aufgelistet sind. Im folgenden Ausschnitt ist die Aufschlüsselung der Codes für eine MIG von EDEKA zu sehen.
M
zeigt an, dass die Angabe verpflichtend ist und C
markiert ein Segment/Element als optional. D
bedeutet, dass die Verwendung des Segments/Elements von der Verwendung eines anderen Segments/Elements abhängig ist. Welche Abhängigkeit besteht, wird zumeist im erklärenden Text dargelegt. X
bedeutet, dass ein bestimmtes Segment/Element nicht benutzt wird.
Aufbau einer Message Implementation Guideline (MIG) am Beispiel von EDIFACT ORDERS
In der Konsumgüterindustrie wird zumeist das EDIFACT-Subset EANCOM der GS1 eingesetzt. EANCOM reduziert den UN-Standard auf die wichtigsten, im Handel obligatorischen, Felder und umfasst in etwa 50 verschiedene Nachrichtentypen. Einer dieser Nachrichtentypen ist ORDERS – eine Purchase Order, welche von einem Kunden an einen Lieferanten zur Bestellung von Produkten/Dienstleistungen gesendet wird.
Die folgende Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus der EDI ORDERS-Guideline von EDEKA.
Wie ersichtlich, wird zum Beispiel die Verwendung des Daten-Elements 1001 auf eine Liste von zulässigen Werten eingeschränkt. Ohne diese Einschränkung könnten alle annährend tausend Werte aus dem allgemeinen UN/EDIFACT-Standard verwendet werden.
Die Guideline von EDEKA basiert auf dem EANCOM-Standard, der selbst eine Message Implementation Guideline des UN/EDIFACT-Standards darstellt. Die EANCOM Message Implementation Guideline für ORDERS kann online eingesehen und auch als Referenz zur Entwicklung eines eigenen Subsets herangezogen werden. Zudem können dort auch die verschiedenen Segmente und deren Bedeutung in der Nachrichtenstruktur eingesehen werden.
Auch alle zulässigen Codes und deren Bedeutung sind hier aufgeschlüsselt. Die grafische Darstellung der Nachrichtenstruktur (ein sogenanntes Branching-Diagramm) und eine Liste der betriebswirtschaftlichen Begriffe, sind weitere wichtige Bestandteile, die bei der Umsetzung der MIG hilfreich sind.
Eine EDIFACT ORDERS-Nachricht besteht aus drei Teilen:
- Dem Kopfteil, in welchem Geschäftspartner, Lieferbedingungen, Zahlungskonditionen, etc. angeführt werden.
- Dem Positionsteil, in welchem die GTIN, sowie Menge und Preis der bestellten Artikel angeben werden.
- Dem Summenteil, der die Anzahl der Positionszeilen der Nachricht enthält.
Die ORDERS-Nachricht für eine Normalbestellung kann beispielsweise wie in der linken Spalte dieser Grafik dargestellt, aussehen:
Den genauen Aufbau einer EDIFACT ORDERS-Nachricht haben wir bereits ein einem unserer vergangenen Beiträge im Detail vorgestellt.
Vorteile durch die Verwendung von Message Implementation Guidelines
Wie eingangs erwähnt, ist der Austausch und die Implementierung von Message Implementation Guidelines vor allem für die Anbindung von Lieferanten relevant. Typischerweise werden im Handel und in der Automobilindustrie die Guidelines vom Käufer vorgegeben. Das heißt, dass Lieferanten zumeist mit vielen verschiedenen Subsets des UN/EDIFACT-Standards arbeiten und diese umsetzen müssen.
Die folgende Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus der MIG für den Nachrichtentyp INVOIC der Firma BMW AG.
Als Lieferant der Automobilindustrie müssen alle MIGs der verschiedenen Automobilkunden unterstützt werden. Obwohl diese oft auf demselben EDI-Standard basieren (zumeist VDA), unterscheiden sich oft hinsichtlich Aufbau und Befüllung.
Wie komme ich zu einer Message Implementation Guideline?
Wenn ein Unternehmen eine eigene MIG erstellen möchte, müssen zunächst alle notwendigen Daten der verschiedenen Prozesse erhoben werden. Welche Daten benötigt das ERP-System beispielsweise zur Verarbeitung von Bestellungen, Lieferscheinen, Rechnungen, usw.?
Nachdem definiert wurde, welche Felder die verschiedenen Dokumenttypen benötigen, kann die Guideline erstellt werden. Allerdings schreibt man diese nicht in einem Programm wie Word, sondern nutzt eine für diesen Anwendungsfall eigens entwickelte Software. Exemplarisch sei hier die Desktop-Anwendung GEFEG.FX genannt, welche die Erstellung einer MIG für die verschiedenen EDI-Nachrichtentypen erheblich vereinfacht. Auf dem folgenden Screenshot ist das Interface der GEFEG-Software zu sehen:
Mithilfe der Software wird ein Basisstandard geladen (z. B. EANCOM) und anschließend wird eine Verfeinerung dieses Standards vorgenommen. So werden beispielsweise optionale Felder (C – conditional) auf erforderlich (R – required) gesetzt. Nicht benötigte Segmente werden gelöscht. Parallel dazu werden die einzelnen Segmente mit Beispieldaten hinterlegt, was dem Verständnis des Lesers zugutekommt.
Anschließend kann die fertige Message Implementation Guideline aus GEFEG.FX als Word-Dokument oder PDF exportiert werden. Um Lieferanten den Zugang zu diesem Dokument zu vereinfachen, bietet sich die Erstellung einer eigenen Portalseite im Internet an. Mitarbeiter des IT-Teams oder der EDI-Dienstleister des Partners sind somit in der Lage, die benötigten Dokumente herunterzuladen und die Dokumentstrukturen anhand der MIGs zu implementieren. Des Weiteren empfiehlt es sich, den Lieferanten auch Beispieldateien für die verschiedenen Formate und Anwendungsszenarien zur Verfügung zu stellen.
Unternehmen können auch einen EDI-Dienstleister beauftragen, der die Ausarbeitung und Erstellung der Message Implementation Guidelines, sowie die Bereitstellung einer Portalseite übernimmt.
Beispielsweise können die von der Firma HORSCH Maschinen GmbH eingesetzten EDI-Dokumenttypen und MIGs auf einer eigenen Webseite eingesehen und heruntergeladen werden.
Zusammenfassung
Message Implementation Guidelines geben vor, wie EDI-Dokumente aufgebaut sein müssen, damit sie der Empfänger verarbeiten kann. Dadurch können Fehler beim Datenaustausch reduziert und Prozesse beschleunigt werden.
Möchte man eigene Richtlinien entwickeln, können diese mithilfe einer Spezialsoftware (z. B. GEFEG FX) erstellt werden.
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