Die EU-Richtlinie 2014/55/EU verpflichtet öffentliche Auftraggeber und deren Lieferanten in Europa, E-Rechnungen empfangen bzw. ausstellen zu können. Um den neuen Anforderungen entsprechend begegnen zu können, wurden bereits neue Standards, wie beispielsweise die XRechnung in Deutschland, geschaffen. Jedoch sehen sich aufgrund dieser Neuerungen besonders kleinere und mittlere Betriebe mit Hürden bei der Umsetzung konfrontiert. Um das Thema E-Rechnung für Firmen sämtlicher Größen zugänglicher zu machen, wurde das Hybridformat ZUGFeRD 2.0 entwickelt, welches wir in diesem Beitrag näher betrachten werden.
Das Hybridformat ZUGFeRD 2.0 – Hintergrund und Motivation
Bereits 2014 erschien die erste Version der ZUGFeRD-Spezifikation, entwickelt vom Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD). Dieses Format wurde hauptsächlich für den effizienten Rechnungsaustausch zwischen Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung geschaffen und auch, um den Mittelstand zu entlasten.
Im selben Jahr wurde die EU-Richtlinie 2014/55/EU beschlossen, welche alle öffentlichen Auftraggeber in Europa verpflichtet, elektronische Rechnungen empfangen und verarbeiten zu können. Unternehmen, welche Auftragnehmer der Verwaltung sind,Factur-X, müssen bis November 2020 E-Rechnungen dementsprechend erstellen und übermitteln. Die aus der Richtlinie gewachsene Europäische Norm 16931 definiert, welche Anforderungen E-Rechnungen erfüllen müssen und gibt weitere Vorschläge zur Umsetzung.
Den Vorgaben der EN 16931 folgend, wurde heuer, am 11. März 2019, die zweite Version von ZUGFeRD veröffentlicht. ZUGFeRD 2.0 wurde in enger Zusammenarbeit mit Frankreich und dem dortigen Standard Factur-X 1.0 entwickelt. Im internationalen Gebrauch wird man öfter von Factur-X hören, wobei die beiden Standards technisch ident sind und sich nur im Namen unterscheiden.
Der große Vorteil von ZUGFeRD ist, dass mit diesem Format XML- und PDF-Rechnungen in ein einziges Dokument zusammengefasst werden. Das bedeutet, dass eine konforme ZUGFeRD-Rechnung aus einer menschenlesbaren und einer maschinenlesbaren Abbildung der Rechnung besteht. Dadurch können Unternehmen den XML-Teil einer E-Rechnung automatisiert verarbeiten und in das ERP-System einspeisen. Mittlere und kleinere Unternehmen, die noch nicht auf hochgradige Automatisierungsprozesse setzen, können den PDF-Teil der Rechnung für eine manuelle Verarbeitung nutzen. Dank ZUGFeRD 2.0 haben Firmen nun unabhängig ihrer Größe, oder der vorhandenen Ressourcen die Möglichkeit, Rechnungen entsprechend den europäischen Vorgaben erstellen und verarbeiten zu können.
Wie sieht eine E-Rechnung entsprechend dem Standard ZUGFeRD 2.0 aus?
ZUGFeRD ist wie bereits erwähnt ein Hybridformat, bestehend aus einem visuellen und einem strukturierten Teil. Zudem können Rechnungen in diesem Format ohne vorherige Vereinbarungen zwischen Rechnungssteller und -empfänger übermittelt werden und sind außerdem universell einsetzbar und nicht auf eine bestimmte Branche spezialisiert. Natürlich müssen die beiden Bestandteile der Rechnung entsprechenden Standards folgen, auf welche wir nun im Folgenden eingehen werden.
Die EN16931 sieht UBL oder UN/CEFACT Cross Industry Invoice (CII) als gültige XML-Schemata für E-Rechnungen vor. Bei der Erarbeitung des Standards ZUGFeRD 2.0 bzw. Factur-X hat man sich auch auf das Schema CII geeinigt. Dies bedeutet, dass das XML in einer ZUGFeRD-Rechnung eine gültige XRechnung ist! Dieser Artikel geht konkret auf die Möglichkeiten von ZUGFeRD 2.0 zur Erstellung einer XRechnung ein.
Auch für den PDF-Teil der Rechnung sieht ZUGFeRD einen bestimmten Standard vor, nämlich PDF/A-3. Dieses Format wird von der ISO genormt und dient der Archivierung von digitalen Dokumenten, weswegen diese PDF-Dokumente auch bestimmten Vorgaben folgen müssen. Beispielsweise dürfen keine externen Bildquellen eingebunden oder ein anderer Zeichensatz als Unicode verwendet werden. Denn nur so kann das Archiv gewährleisten, dass Dokumente auch in Zukunft alle ursprünglichen Informationen beinhalten und keine Daten verloren gehen können. Dies ist natürlich auch eine wichtige Eigenschaft für Rechnungsdokumente.
Um also eine E-Rechnung entsprechend dem Format ZUGFeRD 2.0 zu erstellen, werden die Rechnungsdaten zunächst als UN/CEFACT CII exportiert bzw. in dieses XML-Schema konvertiert. Dann wird anhand der Daten ein Dokument entsprechend PDF/A-1 generiert – dies entspricht der benötigten Vorstufe für PDF/A-3. In dieses PDF kann nun das zuvor erstellte XML-Dokument als Attachment eingebettet werden. Im letzten Schritt wird die finale Rechnung als PDF/A-3 abgespeichert.
Die generierte ZUGFeRD-Rechnung kann nun an den Empfänger übermittelt werden. Hierbei können verschiedene Protokolle oder Netzwerke zum Einsatz kommen, wie beispielsweise E-Mail oder das von der EU entwickelte Protokoll Peppol (Pan-European Public Procurement Online). Welcher Kanal tatsächlich verwendet werden muss, hängt zumeist von den Vorgaben des Empfängers ab.
Erstellung und Versand von ZUGFeRD-Rechnungen
Für die Erstellung und den Versand von ZUGFeRD-Rechnungen wird oft eine eigene Software benötigt, da ERP-Systeme die Dokumente in den erforderlichen Standards (CII und PDF/A-3) zumeist nicht nativ erstellen können. Auch muss sichergestellt werden, dass die Inhalte der visuellen und strukturierten Version der Rechnung zu 100 % übereinstimmen, da diese ansonsten nicht valide ist.
Werden nur selten Rechnungen an deutsche Behörden versendet, kann dies über E-Mail oder DE-Mail geschehen. Allerdings sind diese Protokolle und Postfächer nicht für den Massenversand geeignet. Deswegen bietet sich hierbei die Verwendung von Peppol an, wofür Unternehmen einen Peppol Access Point benötigen, mit dem dann auch alle anderen Netzwerknutzer erreicht werden können.
Um diesen Anforderungen ressourcenschonend gerecht zu werden, kann ein EDI-Dienstleister mit der Durchführung beauftragt werden. Dieser kann die Erstellung, Validierung und Übermittlung von ZUGFeRD-Rechnungen übernehmen. Somit können Firmen sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und interne Ressourcen an anderen Stellen einsetzen.
Für die Erstellung einer ZUGFeRD-Rechnung übermittelt das Unternehmen die exportierte Rechnung, beispielsweise als SAP IDoc, an den Dienstleister, welcher das Dokument dann in CII umwandelt und auf Richtigkeit prüft. Anschließend wird ein PDF mit dem eingebetteten XML erstellt und als PDF/A-3 gespeichert. Im Falle eines Fehlers kann dank der steten Prozess-Überwachung rasch eingegriffen und das Problem zeitnah behoben werden.
Zu guter Letzt übermittelt der Dienstleister die E-Rechnung an den Empfänger. EDI-Dienstleister haben zumeist alle gängigen Protokolle und Netzwerke im Einsatz, über welche Dokumente versendet und empfangen werden können. Unternehmen benötigen somit beispielsweise keinen eigenen Peppol Access Point und können stattdessen den des Dienstleisters in Anspruch nehmen.
Zusammenfassung
Sämtliche Unternehmen, die Auftragnehmer der öffentlichen Verwaltung sind, müssen bis November 2020, E-Rechnungen entsprechend der Europäischen Norm 16931 erstellen und versenden können. Dabei kann das Hybridformat ZUGFeRD 2.0 eingesetzt werden, welches von Menschen und Maschinen gelesen und verarbeitet werden kann. Dadurch haben auch kleinere und mittlere Betriebe einen erleichterten Zugang zum Thema E-Rechnung. Möchte ein Unternehmen ZUGFeRD-Rechnungen erstellen und übermitteln, kann ein EDI-Dienstleister beauftragt werden, der sich um alle relevanten Prozesse kümmert. Mithilfe dieses EDI-Spezialisten können Unternehmen aktuellen und zukünftigen Anforderungen an E-Rechnungen gerecht werden, ohne ihr Kerngeschäft vernachlässigen zu müssen.
Übrigens: Auch in der Schweiz wird ZUGFeRD/Factur-X ein Thema. Dieser Artikel geht näher darauf ein.
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