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Die wesentlichen Details zum VDA 4905 Lieferabruf

VDA-Standards

VDA-Standards werden vom Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) spezifiziert und stellen im Bereich der Automobilindustrie eine der wichtigsten Standard­familien dar.

Dabei gibt es für die unterschiedlichsten Anwendungs­fälle Standard­definitionen, wobei sich diese nicht nur auf die Struktur von elektronischen Belegen beziehen, sondern beispielsweise auch Spezi­fikationen für Etiketten und Warenbegleitpapiere enthalten. Einen genauen Überblick über die verschiedenen VDA-Standards finden Sie in einem unserer früheren Beiträge zum Thema VDA.

VDA 4905 – Lieferabruf

Lieferabrufe sind ein zentrales Kommunikationsmittel in der Automobilindustrie, da durch die enge Prozessverbindung zwischen Vorlieferanten, Lieferanten und Kunden, laufend Termin- und Bedarfsänderungen in der Lieferkette nach „hinten“ kommuniziert werden müssen.

Die folgende Abbildung veranschaulicht das dabei verwendete Prinzip.


Prinzip eines VDA 4905 Lieferabruf
Prinzip eines VDA 4905 Lieferabruf

Wird ein neuer Lieferabruf übermittelt, so ersetzt er vollständig den vorher übermittelten Lieferabruf. Somit kann immer der aktuelle Bedarfsstand an die vorherige Stelle in der Logistikkette kommuniziert werden.

Struktur eines VDA 4905 Lieferabrufs

Der Aufbau eines VDA 4905 Lieferabruf folgt, ähnlich wie viele andere VDA-Standards, einer Struktur auf Basis von fixen Datensatzlängen mit 128 Zeichen Länge. Fügt man nach jedem Datensatz einen Zeilenumbruch ein, so ergibt sich eine Abfolge von Zeilen, die jeweils durch eine dreistellige Satzart eingeleitet werden.

Die folgende Abbildung visualisiert den Aufbau einer VDA 4905 Nachricht. Die ersten drei Ziffern stellen die Satzart dar. M bedeutet, dass der Datensatz verpflichtend angegeben werden muss. K bedeutet, dass der Datensatz optional ist. Die letzte Ziffer gibt an, wie oft der Datensatz wiederholt werden darf, wobei n für beliebig oft steht und 1..n für mindestens 1 bis n Mal.


Aufbau eines VDA 4905 Lieferabrufs
Aufbau eines VDA 4905 Lieferabrufs

Die verschachtelte Struktur zeigt auch an, nach welchem Datensatz welcher andere Datensatz wiederholt werden darf. Wie aus der Abbildung ersichtlich, beginnt eine Daten­fern­übertragung eines Lieferabrufs mit der Satzart 511 und endet immer mit der Satzart 519.

Innerhalb einer Übertragung muss jeweils eine Satzart 512 mit den entsprechenden untergeordneten Satzarten angegeben werden und zwar pro Ordnungsbegriff. Unter Ordnungsbegriffen versteht man im Zusammenhang mit VDA die Parameter

  • Werk Kunde
  • Sachnummer Kunde
  • Abschluss-Bestellnummer
  • Abladestelle

Liegen beispielsweise die Sachnummern Nummer a und Nummer b sowie die Kundenwerke Werk x und Werk y vor und soll für beide Nummern ein Abruf für beide Werke gemacht werden, so resultiert dies in:

  • 1 x 511
  • 1 x 512 plus Untersatzarten (Nummer a in Werk x)
  • 1 x 512 plus Untersatzarten (Nummer a in Werk y)
  • 1 x 512 plus Untersatzarten (Nummer b in Werk x)
  • 1 x 512 plus Untersatzarten (Nummer b in Werk y)
  • 1 x 519

Besonderheiten im Vergleich zu EDIFACT

Der VDA-Standard verfügt über einige Besonderheiten im Vergleich zu EDIFACT, auf die wir im Folgenden kurz eingehen wollen.

Fortlaufende Nummerierung

Die Übertragung einer EDIFACT-Datei wird mit Hilfe einer Interchange-Referenz (zu finden im UNB-Segment) eindeutig identifiziert. Üblicherweise wird die Interchange-Referenz vom Sender vergeben und ist fortlaufend aufsteigend nummeriert. Mit der zusätzlichen Nachrichten­erstellungs­zeit und dem Nachrichten­erstellungs­datum kann so eine EDIFACT-Übermittlung einfach und rasch aufgefunden werden. So kann beispielsweise eine erneute Übermittlung im Fehlerfall unkompliziert angestoßen werden.

Bei VDA wird ein anderer Ansatz verfolgt. Bei jeder Übermittlung wird eine Übertragungs­nummer neu und eine Übertragungs­nummer alt übermittelt. Die Übertragungsnummer neu ist die eindeutige Referenz der aktuellen Übermittlung und die Übertragungsnummer alt die eindeutige Referenz der vorherigen Übermittlung. Dadurch besteht keine Notwendigkeit die Übertragungsnummern fortlaufend zu nummerieren. Des Weiteren können Übertragungen nach Sachgebieten (z.B. reguläre Produktbestellungen und Ersatzteilbestellungen) unterschiedlich nummeriert werden.

Identifikation von Kunde und Lieferant

Im Handelsbereich ist es üblich, dass die an einem Datenaustausch beteiligten Parteien (Lieferant, Kunde, Rechnungsempfänger, Lieferort, etc.) mit Hilfe von Global Location Numbers (GLN) identifiziert werden.

Im Automobilbereich werden stattdessen Nummern verwendet, die vorher zwischen den Parteien bilateral ausgetauscht wurden. Konkret sind dies beispielsweise Kundennummer, Lieferantennummer, Werknummer des Kunden und Abladestelle.

Identifikation von Produkten

Im Handelsbereich ist es üblich, dass die ausgetauschten Produkte anhand der Global Trade Identification Number (GTIN) identifiziert werden. Dabei wird die GTIN verwendet, die der Produzent für seine erzeugten Produkte vergibt. Als Konsument kennen Sie die GTIN als jene Nummer, die unter dem Strichcode auf den Handelsprodukten steht.

Im Automobilbereich kommen üblicherweise keine GTINs zu Anwendung, sondern Sachnummern. Dabei hält der Lieferant eine eigene Aufstellung der einzelnen Kunden-Sachnummern und kann diese somit zu den eigenen Sachnummern zuordnen.

Eingangs-Fortschrittszahl

Die Eingangs-Fortschrittszahl beinhaltet alle vom Kunden positiv bzw. negativ verbuchten Lieferungen ab einem bestimmten Zeitpunkt. Aus der Differenz zwischen der Liefer-Fortschrittszahl des Kunden und der Fortschrittszahl beim Lieferanten ergibt sich die am Transportweg befindliche Menge.

Diese Fortschrittszahl kann vom Kunden auch auf 0 gestellt werden, indem ein Nullstellungsdatum im Lieferabruf übergeben wird. Dieses Datum gilt dann für alle Teile des Zulieferers, weshalb in der ersten Lieferabrufübermittlung nach der Nullstellung alle Teile enthalten sein sollten.

Versionsnummern von Satzarten

Im Rahmen von VDA-Nachrichten ist es möglich den einzelnen Satzarten Versionsnummern zuzuordnen. Eine derartige Versionierung auf Satzartenebene gibt es in EDIFACT nicht — vergleichbar ist hier nur die Versionierung eines EDIFACT Directories — z.B. EDIFACT EANCOM D96A vs. EDIFACT EANCOM D01B.

Ein einheitlicher Standard für alle?

Die gesamte Automobilindustrie setzt auf den VDA-Standard? Eine gute Nachricht für alle Lieferanten — mit einem Standard können also von allen in der Automobilindustrie tätigen Unternehmen Lieferabrufe empfangen werden?

Leider nicht ganz…

Ähnlich wie bei EDIFACT, wo es neben dem globalen EDIFACT-Standard (den die wenigsten in Reinform einsetzen) auch noch eine Vielzahl von branchen- und unternehmensspezifischen Subsets gibt, gibt es auch im VDA-Bereich unternehmensspezifische Ausprägungen.

D.h. beispielsweise, dass die deutschen OEMs jeweils leicht unterschiedliche Vorgaben hinsichtlich des VDA-Standards machen, die man als Vorlieferant entsprechend umsetzen muss.

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