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Was macht ein WebEDI-Anbieter genau?

Die Ausgangssituation

Moderne Großunternehmen, wie beispielsweise EDEKA, haben vor allem eines gerne: Daten in strukturierter Form zu erhalten, sodass sie ohne menschliche Interaktion automatisch von den IT-Systemen verarbeitet werden können. Die Vorteile für das Großunternehmen im Vergleich zum Papier liegen dabei auf der Hand: keine Medienbrüche durch Übertragung der Daten von Papier in das IT-System, automatischer Abgleich von Dokumenten (z. B. Vergleich einer Rechnung zur vorher versendeten Bestellungen), automatische Gültigkeitsprüfungen der Dokumente (kein Rechnungsdatum in der Zukunft) etc.

Ist das andere Unternehmen auch ein Großunternehmen, so wird in den meisten Fällen der elektronische Datenaustausch mit Hilfe von EDIFACT-Dokumenten über die klassischen EDI-Transportkanäle AS2 oder X.400 durchgeführt.


EDI-Anbindungen von großen und kleinen Zulieferern
EDI-Anbindungen von großen und kleinen Zulieferern

Wie verhält es sich jedoch mit kleinen Zulieferern, die über keine ausgefeilte EDI-Infrastruktur verfügen? Wie können auch diese Unternehmen EDI-fit gemacht werden?

Das Problem für kleine und mittlere Unternehmen

Wie die folgende Abbildung zeigt, ist für den Betrieb einer EDI-Lösung zuallererst eine ERP-Lösung (= Warenwirtschaftssystem) notwendig, die in der Lage ist, strukturierte Daten zu lesen und zu erzeugen. Die zweite notwendige Komponente ist ein Konverter, der von den internen Daten des Unternehmens auf das ausgetauschte Datenformat übersetzt und umgekehrt. Dieses Datenformat ist zumeist EDIFACT. Der Konverter kann so bspw. von EDIFACT auf IDOC (ein SAP-spezifisches Format) oder auf XML übersetzen – bzw. entsprechend in die andere Richtung. IDOC und XML seien hier aber nur exemplarisch genannt – es kann jedes beliebige Datenformat zur Anwendung kommen, z. B. auch CSV oder ähnliche Formate.


Anbindung von großen Unternehmen
Anbindung von großen Unternehmen

Kleine bzw. mittlere Unternehmen verfügen zwar oftmals über ein ERP-System, aber mit ziemlicher Sicherheit nicht über einen EDI-Konverter. Dadurch ist es diesen Unternehmen nicht möglich:

  • Strukturierte Daten im EDIFACT-Format an Großunternehmen zu senden
  • Strukturierte Daten im EDIFACT-Format von Großunternehmen zu empfangen

Am Ende des Tages also ein schwierige Situation. Das Großunternehmen hätte die Daten gerne in strukturierter Form, aber das KMU kann die Daten nicht im gewünschten Format liefern, da es nicht über die notwendige Infrastruktur verfügt.

Warum nicht einen Konverter kaufen?

Eine gute Frage. Selbstverständlich kann durch die Anschaffung und Installation einer Konvertersoftware Abhilfe geschaffen werden. Hier sind jedoch folgende Punkte zu beachten:

  • Die Konvertersoftware hat üblicherweise einen entsprechenden Preis, der eher im höheren Bereich angesiedelt ist.
  • Für die Installation und Konfiguration der Konvertersoftware ist entsprechendes spezielles Know-How notwendig. Ist dieses Know-How intern nicht vorhanden, müssen externe Berater hinzugezogen werden.

Der Aufwand für die Anschaffung, Installation und den Betrieb einer eigenen Konvertersoftware lohnt sich daher für KMUs in den meisten Fällen nicht.

Eine webbasierte Lösung schafft Abhilfe

Um auch kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit zu bieten, EDI-Daten zu empfangen und zu senden, ohne teure EDI-Konverter anschaffen zu müssen oder ihre ERP-Systeme zu erweitern, bietet sich eine webbasierte Lösung an. Diese wird auch oft als WebEDI bezeichnet.

Das Grundprinzip ist dabei denkbar einfach, wie in der folgenden Abbildung dargestellt. Das KMU loggt sich im Webbrowser in ein WebEDI-System ein und kann in diesem strukturierte Dateien senden und empfangen. Dabei ist weder zum Senden noch zum Empfangen ein spezielles EDIFACT Know-How notwendig.


Konzept einer WebEDI-Anbindung
Konzept einer WebEDI-Anbindung

KMU sendet:

Beim Senden (z. B. einer Rechnung) werden die Rechnungsdaten über ein Formular in der WebEDI-Anwendung erfasst. Das WebEDI-System prüft die Daten auf Vollständigkeit, konvertiert sie in das vom Großunternehmen geforderte EDIFACT-Format und stellt sie an das Großunternehmen zu (z.B. per AS2, X.400, SFTP, etc.).

KMU empfängt:

Beim Empfangen (z.B. einer Bestellung) werden die Bestelldaten des Großunternehmens im EDIFACT-Format empfangen, in ein menschenlesbares Format übersetzt und für das KMU im WebEDI-System angezeigt.

Welche EDI-Dokumenttypen werden im Rahmen von WebEDI unterstützt?

Je nach Einsatzszenario werden in einer WebEDI-Lösung verschiedene EDIFACT Dokumenttypen verwendet. Die genaue Vorgabe, welche Dokumenttypen verpflichtend sind und welche optional verwendet werden können, hängt vom jeweiligen Großunternehmen ab, mit welchem Sie eine WebEDI-Beziehung unterhalten. Die folgende Abbildung zeigt die typische Abfolge von Dokumenten in einem Anbindungsszenario von Vorlieferanten an Hersteller.


Verwendete Dokumenttypen bei WebEDI
Verwendete Dokumenttypen bei WebEDI

Das Großunternehmen bestellt Ware beim Vorlieferanten und sendet diesem eine Bestellung zu (ORDERS). Nachdem sich das KMU nicht täglich im WebEDI-System einloggt (wie es bspw. bei Email oft der Fall ist), erfolgt beim Eingang einer neuen Nachricht vom Großunternehmen eine Benachrichtigung des KMUs entweder per Email oder per SMS.

Im nächsten Schritt hat das KMU nun die Möglichkeit die Bestellung mit Hilfe einer Bestellbestätigung (ORDRSP) zu bestätigen.

Hier kommt das erste Mal das sog. Turnaround-Verfahren zum Einsatz. Dabei werden die Daten aus der ORDERS-Nachricht entnommen und in die ORDRSP-Nachricht kopiert. So muss das KMU bspw. die Daten der bestellten Produkte nicht manuell umkopieren oder manuell erfassen, sondern lediglich die für die Bestellbestätigung noch zusätzlichen Daten einfügen. Zumeist ist dies nur das voraussichtliche Lieferdatum.

Sobald das KMU bereit für den Versand der Ware ist, wird ein Lieferavis (DESADV) an das Großunternehmen versendet. Auf Basis der Lieferavisnachricht kann das Großunternehmen seine Lagerlogistik auf den Erhalt der neuen Waren entsprechend vorbereiten. Auch die DESADV-Nachricht wird mit Daten aus der Bestellung bzw. der Bestellbestätigung vor ausgefüllt, sodass das KMU nur mehr die für den Lieferschein relevanten Daten (Lieferscheinnummer, Lieferscheindatum) manuell erfassen muss.

Kommt die Ware schließlich beim Großunternehmen an, so kann dieses den Erhalt der Ware mit Hilfe einer Warenempfangsbestätigung (RECADV) bestätigen. Auf Basis der in der RECADV enthaltenen Daten generiert das WebEDI-System wiederum die Rechnung, die anschließend um die rechnungsrelevanten Daten manuell ergänzt wird (Rechnungsnummer, Rechnungsdatum, eventuell Rabatte und Abzüge etc.). Anschließend wird die Rechnung an das Großunternehmen übermittelt und der Geschäftsprozess ist abgeschlossen.

Je nach Großunternehmen werden verschiedene Dokumenttypen nicht oder nur teilweise zur Anwendung kommen. Typischerweise werden die drei Dokumenttypen ORDERS, DESADV und INVOIC am häufigsten verwendet. ORDRSP und RECADV kommen nur vereinzelt zum Einsatz.

Welche Arten von WebEDI-Anbindungen gibt es?

Die GS1 Germany hat drei verschiedene Richtlinien für die Umsetzung von WebEDI herausgegeben, die im Folgenden überblicksmäßig dargestellt werden.


Arten von WebEDI
Arten von WebEDI

Bei der Anbindung von Handelsunternehmen bzw. Industrieunternehmen an deren Lieferanten, geht die initiale Bestellnachricht üblicherweise vom Großunternehmen an den (kleineren) Zulieferer. Bei der dritten Variante Händler an Industrieunternehmen bestellen kleinere Abnehmer beim größeren Industrieunternehmen.

Wer entscheidet, ob WebEDI eingesetzt wird und wann sollte ich es einsetzen?

Wenn Sie ein kleiner oder mittlerer Zulieferer sind und an Großunternehmen liefern, so steht es Ihnen prinzipiell immer frei, eine WebEDI-Lösung einzusetzen, um bei der Einführung von EDI-Kosten zu sparen. Solange ihr größerer Handelspartner die Daten im korrekten EDIFACT Format bekommt (was die WebEDI-Lösung sicherstellt), werden bei der Verwendung von WebEDI keine Probleme entstehen.

Problematisch wird der Betrieb einer WebEDI-Lösung dann, wenn Sie ein sehr hohes Belegaufkommen haben, da Sie dann sehr viele Belege manuell im WebEDI bearbeiten müssen. In diesem Fall sollten Sie sich überlegen, ob nicht eine Lösung mit einem höheren Automatisierungsgrad besser geeignet ist. Verschiedene Ansätze zur Anbindung von KMU haben wir in unserem Beitrag EDI-Einführung für KMU – ein Überblick vorgestellt.

Welche Schritte sind zur Einführung von WebEDI notwendig?

Bei der Einführung von WebEDI muss unterschieden werden, ob Sie ein Großunternehmen sind und über das WebEDI-System Ihre Vorlieferanten oder den Fachhandel anbinden wollen oder ob Sie ein kleines oder mittleres Unternehmen sind, das über WebEDI mit einem Großunternehmen interagieren möchte.

Wir sind ein kleines oder mittleres Unternehmen und wollen WebEDI nutzen

In diesem Fall reicht es, wenn Sie uns das Großunternehmen und die gewünschten Dokumenttypen nennen. Die Abstimmung mit dem Großunternehmen und die Konfiguration des WebEDI-Systems übernehmen wir für Sie. Nach einem Testdatenaustausch mit dem Großunternehmen können Sie rasch in den EDI-Produktivbetrieb wechseln.

Wir sind ein Großunternehmen und wollen WebEDI nutzen

Wenn Sie als Großunternehmen Ihre Vorlieferanten bzw. den Fachhandel anbinden möchten, beraten wir Sie gerne bei der Einführung eines einheitlichen Webportals und die Anbindung an Ihre bestehende EDI-Infrastruktur (z.B. per AS2 oder X.400).

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